Eigentlich kommt die Frage jedes Jahr: „Wie bekomme ich meinen Rasen wieder in Form“?
Ende Februar 2019 gab es eine kurze warme Phase. Da haben Gartenbesitzer schon ihre Flächen vertikutiert. Ich finde das übertrieben zu früh. Wir bekamen noch kalte, regnerische Tage. Das hat dem Wachstum nicht geholfen. Vertikutieren ist eine Extrembelastung für den Rasen. Danach noch ungünstiges Wetter - übel, übel. Außerdem hatten die Grünflächen noch den heißen Sommer 2018 und natürlich den Winter in den Knochen. Gut, der Winter 2018/2019 war jetzt in Rheinland-Pfalz generell keine große Tragödie. Trotzdem was den 18er-Sommer überlebt hatte, war geschafft. Die Masse der Eigentümer hatte natürlich nicht ausreichend gewässert. Klar, das kostet Wasser und damit Geld. Ob dieses Verhalten im Nachhinein günstiger ist als eine angebrachte Rasenpflege, muss jeder für sich entscheiden.
Der Rasen vertrocknet, verunkrautet und vor allem: Er stirbt auch irgendwann ab. Solche geschädigten bzw. kaputten Bereiche müssen wieder eingesät und aufgepäppelt werden. Im Handel gibt es dazu diverse Produkte an Samen, Nachsaat-, Reparatur-, Vertikutiermischungen, fertiggepresste Pads mit Saatgut und Dünger für kleine Flecken sowie natürlich Rollrasen. Morgens verlegt, abends schön und grün. Für spezielle Bereiche, wie schattige Ecken, gibt es fertige Samenmischungen. Genauso wie für Sport-, Spiel oder Strunzrasen. Oh Entschuldigung, ich meine natürlich Repräsentationsflächen.
Unüberschaubare Angebote an Düngern. Sofort-, Langzeitdünger - mit und ohne Unkrautbekämpfungszusätze. Inhaltsstoffe auf mineralischer Basis, gerne auch mal als Kunstdünger bezeichnet. Nährstoffe organischer Herkunft aus Komposten sowie sonstiger tierischer und pflanzlicher Art. Natürlich auch als Kombination organisch-mineralisch erhältlich. Nicht vergessen darf ich sonstige Stärkungsmittel und gerne noch mit Bodenaktivator. Ist eh egal, irgendwas hab ich bestimmt nicht erwähnt.
Spruch zum Vertikutieren
Sie sehen beim Rasen geht ganz schön was ab. In den meisten Klein-, Vor- und Hausgärten ist ja irgendwo ein Stück mit Gras. Genau da geht es jetzt los, mit dem Saatgut. Für eine ansprechende und anhaltende Grünfläche ist es das Wichtigste. Sie glauben doch nicht wirklich, dass die Billigmischung für 2 Euro pro Kilogramm vergleichbar gut ist, wie ein Premiumangebot bei dem das Kilogramm bis 20 Euro kostet. Das eine ist Gras, damit können sie Heu für ihre Kleintiere produzieren. Das andere sind Auslesen für eine ordentliche Rasenfläche mit den nötigen Eigenschaften.Die da wären: langsames Höhenwachstum - ganz wichtig. Weil das Mähvorgänge spart. Dafür aber dichtes Wachstum und schnelle Narbenbildung, also den Boden zuwachsen. So hat es das Unkraut schwieriger sich auszubreiten. Das mal so vorne weg zur Einstimmung. Nun mein Spruch zum Vertikutieren: Nein, der Rasen wird im neuen Jahr nicht zuerst vertikutiert. Schritt 1: Düngen; Schritt 2: Mähen; Schritt 3: Mähen; Schritt 4: Vertikutieren
Das ist mal so der Grundsatz. Wenn sie schon nach dem ersten Mähen vertikutieren, weil sie es nicht mehr aushalten können, dann ist das ihre Sache. Es geht einfach darum, dem Grün auf die Sprünge zu helfen. Egal, wie es durch den Winter kam und den vorhergehenden Sommer verkraftet hat. Das Wachstum muss in Wallung kommen. Dazu braucht die malträtierte Fläche erst mal Nährstoffe. Das heißt schlicht und ergreifend eine angepasste Frühjahrsdüngung. Nach ungefähr 2 Wochen sind die soweit eingedrungen - über den Boden in die Pflanzen -, dass ein gewisses Wachstum einsetzt. Durch Mähen entsteht ein weiterer Wachstumsanreiz, den das zweite Mähen nochmal verstärkt. So ist der Rasen bereit für die Folter - nichts anderes ist Vertikutieren.
Diese Bearbeitung dient zum Lüften, dem weiteren Anregen des Wachstums durch Bestockung und letztendlich dem Herauskämmen von Moos und dem viel zitierten Mulm. Mit Bestockung ist die verstärkte Triebbildung der einzelnen Graspflanzen gemeint. Mulm besteht aus Pflanzen- bzw. Schnittgutresten, die sich zwischen dem Rasen auf dem Boden absetzen. Das Zeug verrottet nicht komplett, reichert sich an und behindert eine gute Entwicklung der Grünfläche. Über das ganze Moos brauchen wir gar nicht erst zu reden. In weiten Kreisen der Vertikutierer herrscht die Meinung vor, mal so richtig den Dreck rausmachen damit alles ordentlich wächst.
Gewaltmaßnahme
In der praktischen Umsetzung ähnelt das mehr einem Fräsen. Alle Jahre wieder tun ganze Heerscharen von Experten in unterschiedlichsten Medien ihr Wissen dazu kund. Ab und zu will auch ich mitmischen und sage immer das gleiche: Vertikutieren bedeutet eine Arbeitstiefe von 2 bis 5 mm. Egal, ob da ein Gartenbauingenieur Empfehlungen von 1 bis 2 cm ausspricht. Ich erinnere mich jedes Jahr aufs Neue an den einen Satz: „Ich hab mal richtig den ganzen Dreck aus dem Rasen rausgeholt“. Was im Klartext heißt: Es wurde nicht das Moos rausgekämmt. Nein, eigentlich wurde die Rasenfläche nahezu links gemacht. Nach so einer Gewaltmaßnahme ist die Fläche nicht mehr zu erkennen. Sie sieht eher fast wie umgebrochen aus. Vertikutiert wird im Millimeterbereich und nicht eine zentimetertiefe Bodenbearbeitung durchgeführt.Das ganze rausgeholte Zeug ist durchaus kompostierbar. Allerdings, wie immer, bei einer erfolgreichen Kompostwirtschaft, mit anderen Stoffen mischen. Dann gibt es halt mal einen größeren Haufen. Wenn die zu bearbeitende Fläche verdichtet ist, gibt es verträglichere Belüftungsmethoden. Nagelbretter für die Schuhe oder die bekannte Grabegabel. Für größere Vorhaben können Sie spezielle Aerifizierungsgeräte, wie Nadel- oder Stachelwalzen, auch ausleihen. Danach macht es Sinn, die entstandenen Löcher zu besanden. So entstehen praktisch Drainagegänge für Wasser/Luft und sie bleiben länger erhalten. Zusätzlich können Sie fein gesiebten Kompost in den Sand mischen. Er liefert noch ein paar Nährstoffe, kurbelt aber vor allem das Bodenleben an. Oft ist es bei der Frühjahrspflege nötig, Fehlstellen einzusäen. Sorgen Sie für eine gleichmäßige Feuchtigkeit des Samens nach der Aussaat. Wurde er einmal nass, durch Regen oder Bewässerung, beginnt die Keimung. Trocknet das Saatgut jetzt noch mal aus, wars das. Kaputt, Geld verbrannt. Denken sie bei einer Unkrautbekämpfung daran, die zugelassenen Rasenherbizide nach Gebrauchsanleitung und nicht nach Geheimtipps zu verwenden. Falscher Einsatz schädigt auch die frischen Einsaaten.
Ebenso unangenehm wirkt sich die Verwendung von komplett falschen Präparaten aus. Sie wären nicht die ersten, denen das passiert. Über den Gartenzaun soll es schon zu Empfehlungen von wahren Superklasseherbiziden gekommen sein. Irgendjemand hat da - von wem auch immer - den Tipp bekommen. Aus meiner Erfahrung sage ich Ihnen, es gibt das schier Unmögliche. Ob sie es glauben oder nicht. Hier was aus dieser Kategorie „Gibts nicht“. In einem Beratungsgespräch begab sich folgendes: Eine Hobbygärtnerin lobte die Wirkung des Produktes zur Unkrautbekämpfung. Beschwerte sich aber gleichzeitig über ihre gelben, wunden Füße. Sie führte dies auf das Unkrautmittel zurück. Nach intensiver Befragung kam heraus. Es handelte sich um eine Anwendung von Rasendünger mit Moosbekämpfungszusatz. Durchgeführt mit Streuwagen und barfuß.
Bitte informieren Sie sich. Lesen sie unbedingt die Gebrauchsanleitung. Auch wenn Ihnen die Durchführung geläufig ist. Im Laufe der Zeit kann es zu Änderungen bei dem Mitteleinsatz kommen. In den Bundesländern helfen staatliche Beratungsstellen, u.a. Gartenakademien, den Hobbygärtnern, ebenso stehen Fachberater der Kleingartenverbände bereit.
Viel Erfolg an der Rasenfront.
Quelle:
Hans Willi Konrad
Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR)
Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
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